Hast du dich auch schon einmal gefragt, warum du etwas tust?

Warum mache ich eigentlich Kunst? Das ist eine sehr gute Frage. Auf den ersten Blick mag die ja ganz simpel klingen, aber als ich mir die Frage selbst gestellt habe, wurde es erst einmal still in meinem Kopf. Dann aber prasselte um so mehr auf mich ein. Und so einen Input muss man auch erst einmal verarbeiten können. Es war jedenfalls so viel, dass ich mir alles erst einmal aufschreiben und sortieren musste. Im Weitern Verlauf wurde mir dann einiges klarer, sodass ich heute eine (hoffentlich) gute Antwort auf diese Frage geben kann.

Oft fange ich, wenn ich diese Frage gestellt bekomme an, darüber zu reden, dass ich als Kind gerne gemalt, später eher gezeichnet habe und dass mir das auch immer viel Spaß gemacht hat. Mit meiner Ausbildung hat das dann aufgehört. Natürlich habe ich danach beruflich immer noch gezeichnet, nämlich Schaltpläne und Netzwerkdiagramme. Das hat aber ja mit Kunst nichts zu tun.

Ab in den Burnout

Im Verlauf meiner IT-Karriere hat es sich dann aber ergeben, dass die Motivation immer weiter abnahm. Ich hatte keinen Spaß mehr am Job. Eine neue Aufgabe, die mir versprochen wurde, bekam ich wegen internen Streitigkeiten zweier Abteilungsleiter dann doch nicht. Die Verantwortung wurde mehr, die Aufgaben immer weniger technisch. Ich stand zwischen Führung und Team. Meine Meinung wurde zwar abgefragt, aber oft übergangen. So kam es, dass ich schließlich einen Burnout bekam. Es hat allerdings fast ein ganzes Jahr gedauert, bis ich diese Diagnose hatte. Aber auch dann wurde das erst einmal nur mit Medikamenten behandelt. Nach 2 Jahren kam dann die nächste Depressionsphase und ich wollte keine Medikamente mehr nehmen, weil mir das nicht wirklich weiter half.

Malen als Selbsthilfe

Mit dem Malen habe ich dann circa 2005 wieder angefangen, weil ich bemerkt hatte, dass ich so gar nichts mehr fühlen kann. Das analytische Denken auf der Arbeit und noch ein paar andere widrige Umstände hatten meine Gefühlswelt völlig verdrängt. Beim Malen und Zeichnen war mir so, als könnte ich davon wieder ein bisschen was zurückgewinnen. Hatte ich selbst eine Therapie für mich gefunden? Tatsächlich kamen mit der Zeit die Gefühle wieder. Die Striche und die Farben haben das alles ganz langsam wieder ans Licht zurückgebracht. So wurde Kunst ein Schlüssel zu meiner Gefühlswelt.

Allerdings war es nicht ganz so einfach, wie es sich anhört. 30 Jahre nicht zu zeichnen hat natürlich Spuren hinterlassen. Ich musste vieles neu lernen und war häufig mit dem Ergebnis nicht wirklich zufrieden. Auch war mir nicht so richtig klar, was ich denn eigentlich Malen und Zeichnen wollte. Irgendwann habe ich dann in einem Kunstladen ein Buch über Urban Sketching gefunden und schon beim Durchblättern merkte ich, DAS ist es, was ich unbedingt machen will. Natürlich waren die ersten Versuche miserabel und das spürte ich auch direkt. Die Bilder in meinem Kopf waren ganz andere. Und das hat mich frustriert. Aber auch das war ein gutes Zeichen. Ich habe gespürt, dass ich frustriert bin. Also funktionierte die Therapie.

Wie ist das heute?

Auch heute noch, selbst beim Urban Sketching, bin ich viel näher bei meinen Gefühlen, als ich das bin, wenn ich im Alltag unterwegs bin. Und diese Gefühlswelten kann man in meinen Werken auch sehr gut sehen. Da ist plötzlich ein dunkler Himmel über einem Kirchturm, obwohl wir doch schönes Wetter haben. Da ist Achtsamkeit geboten, denn, das sagt mir, dass wieder einmal etwas nicht stimmt. Das muss gar keine schlechte Laune sein. Vielleicht hat mir jemand beim Autofahren die Vorfahrt genommen. Ich rege mich über so etwas meist gar nicht auf, aber das Gefühl, dass mich jemand übervorteilt hat, ist doch da und will für eine Weile beachtet werden. Und das kann es auch, gerade auch beim Malen.

Später kam zum Urban Sketching noch das Porträtzeichnen hinzu. Selbst, wenn ich Porträts zeichne, ist das mit den Gefühlen so. Es fällt mir einfach schwer, einen lächelnden Mund zu zeichnen, wenn ich selbst schwermütig bin und auch umgekehrt. Wenn ich glücklich bin, kann ich keine griesgrämigen Menschen zeichnen.

Der wahre Grund, warum ich Male und Zeichne ist also, dass ich einen Weg brauche, um meine Gefühle wahrzunehmen, weil ich diese nicht so einfach auf normalem Wege spüren kann. Nach dem Malen geht es mir oft besser als davor, weil wieder alles stimmig ist. Auch, wenn die Porträts mal nicht gut geworden sind oder die Perspektive beim Urban Sketching mal nicht stimmt. Meine Gefühlswelt ist dann viel präsenter, egal ob das nun ’negative‘ oder ‚positive‘ Gefühle sind. Ich halte diese Einteilung nicht für sinnvoll. Für mich sind alle Gefühle positiv, wenn ich sie nur spüren kann.

Meine Kunst ist ein Stück von mir

Wenn du also eine Bild oder eine Zeichnung von mir kaufst, dann kaufst du auch ein Stück von mir. Ob mir das schwerfällt? Nein, das tut es ganz und gar nicht. Genauso, wie Gefühle eine Weile Beachtung brauchen, so kann ich meine Bilder schon nach kurzer Zeit loslassen in dem guten Gefühl, dass sie genau das getan haben, was sie tun sollten. Meine Gefühle an die Oberfläche bringen.


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